Rendsburg. Eine Windkraftanlage, die im Alleingang rund 10.000 Haushalte mit Strom versorgt? „Die nächsten Jahre können der Windenergiebranche noch spektakuläre Entwicklungen bringen“, erklärt Dr. Martin Knops von Senvion, einem führenden deutschen Windenergieanlagenbauer. Aktuell schafft die stärkste Offshore-Anlage von Senvion Energie für etwa 6.000 Haushalte.
Knops hat bedeutende Innovationen für die nahe Zukunft bei einem Rendsburg-Tag prognostiziert, zu dem Kai Lass als Chef der Wirtschaftsförderung geladen hatte. Das schleswig-holsteinische Rendsburg ist seit 2012 mit dem Schwerlasthafen „Rendsburg Port“ eines der modernsten und leistungsstärksten Logistikzentren Nordeuropas und maßgeblicher deutscher Standort der Logistik für Windenergie. Hier werden Windkraftanlagen entwickelt, die Türme gebaut und ihre riesigen Komponenten via Rendsburg Port an ihre Bestimmungsorte geschickt. Allein Senvion hat bisher mehr als 6.600 Windenergieanlagen weltweit mit über 3.900 Mitarbeitern installiert; rund 650 von ihnen betreiben im TechCenter Forschung und Entwicklung sowie die Leitwarte. Von hier aus können sie zentral mehr als 5.000 Anlagen auf der ganzen Welt steuern und Fehlermeldungen bearbeiten. Rund 80 Prozent aller Fälle klärt so bereits die Zentrale; sonst werden Service-Techniker vor Ort aktiv, von denen weltweit rund 700 im Einsatz sind. Im Senvion-Trainingszentrum lernen eigene sowie externe Techniker aus der ganzen Welt, Windkraftanlagen „unter realistischen Bedingungen“ zu warten – das heißt: Die Original-Komponenten stehen wie auf einer Sechs-Megawatt-Anlage unter Starkstrom.
Offshore geht es hoch hinaus
So erlebten die Gäste von Kai Lass eine waschechte Seenot-Rettungsübung: Reparatur-Einsätze, wie sie auf offener See in schwindelerregender Höhe und auf engstem Raum gelingen müssen. Beim Offshore-Training auf der Eider übten die Techniker, wie sie sich und einen verletzten Kollegen von einem über 150 Meter hohen Turm abseilen oder tagelang in einer Windkraftgondel überleben können. Eines der Risiken: Bei Wind schwankt die Turmspitze gleich meterweise vor und zurück. Insbesondere Offshore geht es laut Dr. Martin Knops aber noch höher hinaus: „Angesichts der Investitionskosten lohnt Offshore meistens der Bau von höheren und stärkeren Anlagen.“ An Land hingegen seien mehr als drei Megawatt oft nicht wirtschaftlich.
Hohe Akzeptanz und noch Luft nach oben
„Bei uns genießen die Windkraftanlagen eine hohe Akzeptanz in der Bevölkerung“, betonte Pierre Gilgenast, Bürgermeister der Stadt Rendsburg. Tatsächlich engagieren sich in und um die Stadt am Nord-Ostsee-Kanal viele Bürger für den Wind und betreiben selbst Windparks in großen Gemeinschaften. „Die Windenergie ist für uns ein wesentlicher Klimaschutz- und Wirtschaftsfaktor“, betonte Lass. Dank „Rendsburg Port“ kommen die Mammut-Türme planbar und kostengünstig an ihr Ziel, der Wasserweg erspart Europas Straßen pro Turm etwa 35 LKW-Schwerlasttransporte. Ausgelastet ist der Hafen noch nicht. Frank Schnabel, Geschäftsführer der Hafenbetreiberin Rendsburg Port GmbH, erläutert: „Der Hafen hat vor allem für den Umschlag von Schwerlastgütern noch viel Potenzial und wird sich weiter in diesem Markt etablieren.“ Das gilt nicht nur für die Windkraft-Module der Größe XXL, sondern für alle Güter bis zu 250 Tonnen – so viel bewältigen die beiden Hafenmobilkrane im Tandembetrieb. Auch 50 Hektar Gewerbeflächen, schwerlastfähig wie der Hafen, stehen noch zur Verfügung.